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Fachgruppe Information Retrieval in der Gesellschaft für Informatik (GI)

Das Gebiet des Information Retrieval (IR) gewinnt zunehmend an Bedeutung. Während in der Vergangenheit vornehmlich große Firmen und Institutionen Anwender von IR-Systemen waren, ergibt sich heute vor allem durch das Internet, aber auch in Organisationen bis hin zum privaten Bereich ein wesentlich größeres Anwendungspotential, das nicht nur durch immer größere Datenmengen, sondern auch durch Vielfalt hinsichtlich Struktur und verwendete Medien gekennzeichnet ist und zudem stark durch soziale Interaktionen geprägt ist. Neue Entwicklungen wie Blogs, das Social Web und mobile Endgeräte stellen dabei erhöhte Anforderungen an die Qualität und die Funktionalität von IR-Systemen, die nur durch den stärkeren Einsatz von wissensbasierten, computerlinguistischen und medienspezifischen Erschließungsverfahren erfüllt werden können. Auch in Informationssystemen, die keine Dokumente verwalten, werden IR-Verfahren benötigt, wenn das System unsichere Daten verwalten muss oder vage Anfragen beantworten soll. Neben dieser Ausweitung des Anwendungsbereiches hat sich die IR-Forschung auch auf der methodischen Seite verbreitert, indem neben der klassischen systemorientierten Sichtweise auch Ansätze aus den Bereichen der Benutzermodellierung und der Kognitionswissenschaft auf IR-Fragestellungen angewendet werden.

Die 1991 gegründete Fachgruppe ,,Information Retrieval`` in der Gesellschaft für Informatik wendet sich hiermit an alle Personen im deutschsprachigen Raum, die an einer aktiven Mitarbeit bei der Weiterentwicklung des Gebietes Information Retrieval interessiert sind beziehungsweise ein großes Interesse an den Forschungsergebnissen haben. Dieses Interesse kann am besten durch eine Mitgliedschaft in der Fachgruppe zum Ausdruck gebracht werden.

Ziele und Aufgaben

Im Information Retrieval (IR) werden Informationssysteme in Bezug auf ihre Rolle im Prozeß des Wissenstransfers vom menschlichen Wissensproduzenten zum Informations-Nachfragenden betrachtet. Die Fachgruppe ,,Information Retrieval`` in der Gesellschaft für Informatik beschäftigt sich dabei schwerpunktmäßig mit jenen Fragestellungen, die im Zusammenhang mit vagen Anfragen und unsicherem Wissen entstehen. Vage Anfragen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Antwort a priori nicht eindeutig definiert ist. Hierzu zählen neben Fragen mit unscharfen Kriterien insbesondere auch solche, die nur im Dialog iterativ durch Reformulierung (in Abhängigkeit von den bisherigen Systemantworten) beantwortet werden können; häufig müssen zudem mehrere Datenbasen zur Beantwortung einer einzelnen Anfrage durchsucht werden. Die Darstellungsform des in einem IR-System gespeicherten Wissens ist im Prinzip nicht beschränkt (z.B. Texte, multimediale Dokumente, Fakten, Regeln, semantische Netze). Die Unsicherheit (oder die Unvollständigkeit) dieses Wissens resultiert meist aus der begrenzten Repräsentation von dessen Semantik (z.B. bei Texten oder multimedialen Dokumenten); darüber hinaus werden auch solche Anwendungen betrachtet, bei denen die gespeicherten Daten selbst unsicher oder unvollständig sind (wie z.B. bei vielen technisch-wissenschaftlichen Datensammlungen). Aus dieser Problematik ergibt sich die Notwendigkeit zur Bewertung der Qualität der Antworten eines Informationssystems, wobei in einem weiteren Sinne die Effektivität des Systems in bezug auf die Unterstützung des Benutzers bei der Lösung seines Anwendungsproblems beurteilt werden sollte.

Die Fachgruppe wendet sich an Forscher, Entwickler und Anwender, die sich mit solchen Informationssystemen beschäftigen und die an der Weiterentwicklung des Gebietes interessiert sind. Da der Kreis der auf diesem Gebiet Tätigen sehr heterogen zusammengesetzt ist, wird eine Integration der verschiedenen Perspektiven und Interessen angestrebt. Insbesondere sollen bei der Entwicklung neuer Systeme Ergebnisse aus der Forschung stärker als bisher berücksichtigt werden, und umgekehrt auch Problemstellungen aus der Praxis von der Forschung aufgegriffen werden.

Zu diesem Zweck wird die Fachgruppe Workshops, Fachtagungen und sonstige Veranstaltungen anregen und durchführen und dabei auch den Kontakt und den fachlichen Austausch mit denjenigen Fachverbänden innerhalb und außerhalb der GI suchen, mit denen es inhaltliche Überschneidungen gibt.

Die Fachgruppe beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit folgenden, auf Fragestellungen des IR bezogenen Themenkreisen:

  1. Datenmodellierung und Wissensrepräsentation,
  2. Modelle für Information Retrieval (kognitive Modelle, Retrievalmodelle),
  3. Gestaltung von Benutzerschnittstellen für gezielte und für assoziative Informationssuche,
  4. Implementierung von IR-Systemen, insbesondere unter Berücksichtigung neuer technischer Entwicklungen,
  5. Benutzernahe Evaluierung von Retrievalverfahren und -anwendungen,
  6. Anwendung von IR-Systemen: Probleme, Lösungen und praktische Erfahrungen,
  7. Information Systems Management für IR-Systeme,
  8. Terminologie des Gebietes Information Retrieval,
  9. Kommunikationstheoretische, philosophische und erkenntnistheoretische Grundlagen von Informationssystemen.

Prof. Dr. Norbert Fuhr und Dr. Claus-Peter Klas